Zwirbels freiheitstreibende Sommerreise

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Das Telefonat. Er rufe wegen meinem Notfall an, meint der Herr. Er komme dann am kommenden Montag vorbei, um acht Uhr morgens. Eben wegen meinem Notfall. Ich schlucke leer, fühle kurz den Puls an meinem Hals und kann beruhigt feststellen: Ich lebe ja noch, ich bin doch kein Notfall! Noch nicht! Schatz, schenk mir bitte einen Schnaps ein, einfach zum Vorbeugen…

Dann kommt Klarheit in die Sache. Ich schnaufe auf. Herrgott, wie konnte ich das nur vergessen! Tochter Janine hatte uns heute Morgen geschrieben, dass sie kein Warmwasser hätte. Mein Rat, die Wärmepumpe neu zu starten, schlug fehl, also rief ich zwischen Denken und Schreiben unseren Sanitär an, er solle sich dem doch bitte annehmen. Danach war Funkstille.

Nun war es die Wärmepumpenfirma, die sich meldete und mich «…wegen meinem Notfall…» anrief. Und, man müsse da dringend eine neue Software-Version installieren, sonst starte das Ding gar nicht mehr, das Problem sei bekannt. Das war es also, das Schicksal. Oder doch noch nicht? Müssen wir wirklich unsere Ferien abbrechen, einfach nur wegen dieser nicht mehr Wärme pumpenden Wärmepumpe und deren nicht mehr so schön soft-währenden Software? Doch je später der Abend wird, umso stärker dürstet es uns nach Heimkehr. Immerhin bleiben uns noch zwei Tage, dieses Ziel zu erreichen, das schaffen wir doch, gell, Schatz! Susanne hustet und keucht ein krächzendes «Jojo…».

Etappe 6: Camping Davosersee in Davos

Samstag, 6. August 2022. Mit bleibenden Eindrücken und einem herzhaften «gerne wieder» verlassen wir Sulden, winken ein letztes Mal König Ortler und seinem Dreitausender Gefolge ein freundschaftliches «Ciao» zu und lassen das eindrückliche Tal hinter uns. Wir werden eskortiert von starker Bewölkung und kurzen Regenschauern, was aber dem Reiz des Nationalparks und dessen Flora keinen Abbruch tut. Irgendwo zwischen dem Ofenpass und Zernez winkt uns eine Jausestation… ach, wir sind ja nicht mehr im Südtirol, sondern im Rätoromanischen Bündnerland; also, eine Chamanna… ach, das versteht ja auch keiner, also kurz und bündig, eine Berghütte, die Chamanna Ova Spin, entgegen.

Die Perle am Ofenpass, sehr zu empfehlen!

Das Umfeld des kleinen Hüttchens präsentiert sich alles andere als klein, angefangen von der lauschigen Waldgartenbeiz bis hin zur reichhaltigen, bündnerischen Speisekarte. Es sind nicht viele Gäste hier, denn es herrscht kein Reisewetter, und die meisten, die den Nationalpark durchqueren, brettern an der «Perle des Ofenpasses», wie sich die Beiz nennt, einfach vorbei. Wir allerdings geniessen den feinen Zmittag gerne.

Es ist bereits später Nachmittag. Direkt nach Hause oder nicht? Susanne hustet zwar, meint aber, sie könne schliesslich auch in Zwirbels gemütlichem Nest weiterhusten, also gönnen wir uns noch eine Nacht. Wir fahren den Camping Davosersee an, aber auch der ist voll. Dann kommt uns die Überlänge eines französischen Kastenwagens zu Hilfe, auch ein Adria Twin. Aufgrund seines monströsen Veloträgers mit drei Bikes drauf will er einfach nicht auf das winzige Parzellchen passen, und nach emsiger Rangiererei gibt er auf und zieht weiter. Susanne nutzt die Gunst der Stunde, fragt nochmal freundlich an, und siehe da, yess, wir kriegen das Plätzchen! Eigentlich nehme sie nur kleine Campervans da drauf, meint die charmante Bündnerin, aber für eine Nacht mache sie eine Ausnahme. Wie ich da reinkomme, sei halt meine Sache, zwinkert sie mir zu. Mädchen, du kennst des Zwirbelpiloten Künste nicht!

Minuten später stehe ich drin, schön gerade, sauber am Rande, aber mit vorstehender Anhängekupplung. Das passt schon.

Die Lage ist schon traumhaft hier. Susanne und Arico machen sich auf zum Seerundgang, ich krisele wieder mit meinem Gebrechen und hocke mich an den See, eine Büchse Calanda (Bündner Bier) zusammen mit zwei Schmerzpillen tun mir jetzt gut. Der Davosersee ist ein Surfer- und Wakeboard-Paradies, und es ist eine Freude, in Begleitung von Hühnerhaut, den Wassersportlern zuzuschauen. Gleich daneben befindet sich eine Wakeboard-Anlage, wo sich Wagemutige ziemlich rasant über das Wasser ziehen lassen, inklusive Hindernisse, um Sprünge zu üben. Die Anlage, einst als Crowdfunding-Projekt gedacht, gehört unterdessen als fester Bestandteil zum See und erfreut sich jeden Sommer grosser Beliebtheit. Schaut mal!

Camping Davosersee mit angrenzender Wakeboard-Anlage

Der herrliche Seerundweg, den ich übrigens schon des öfteren absolviert habe, als ich für meinen Arbeitgeber auf dem Weissfluh-Gipfel arbeitete, gefällt auch Susanne, sie hält mich fotografisch auf dem Laufenden.

Susanne schreibt mir gerade, und ich sehe sie winken. Es wird wieder einmal Zeit für ein Suchbild, seid ihr bereit?

Die Beiden sind zurück. Susanne tönt irgendwie, als hätte sie soeben eine Rosstötende Havanna Zigarre geraucht. Etwas Ruhe tut jetzt allen gut, denn auch mein eingenommenes Calanda-Ponstan-Heilgetränk entfaltet langsam seine heilende Wirkung. Auch Arico findet so ein Nickerchen eine gute Idee. Nur, wo haben Herrchen und Frauchen Platz?

Nach unserem Resten-Znacht setzen wir uns für ein Stündchen ins Campingbeizli rüber und kommen mit Surfern und Wakeboardern ins Gespräch. Arico hat natürlich Artgenossen gefunden, die zwei Goldies, die jeweils mit Herrchen aufs SUP dürfen und ich nachmittags noch fotografiert hatte! Ob ihnen Arico ver-wuffel-ratet hat, dass er Wasserscheu ist und man ihn NIE auf ein SUP kriegen würde, konnten wir während dem kollegialen Gebell nicht herausfinden.

Golden Retriever Mami und ihr schwarzer Welpe

Fast hätte ich es vergessen, die Auflösung vom Suchbild! Habt ihr Arico mit seinem blauen Halsband gefunden! Frauchen auch? Sicher doch, war ja easy!

Auf Seite 17 geht’s nach Hause und ihr erfahrt, weshalb dieses nach Hause drängende Schicksal es trotzdem noch gut mit uns meinte. Denn wären wir noch in Italien geblieben, dann hätte das böse enden können, denn…

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