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Samstag, 25. September 2021. Wiederum ein schöner, sonniger Tag, untermalt von Schleierwolken, die gemäss Wetterbericht die nächste Schlechtwetterperiode für heute Abend ankündigen. Da es morgen definitiv nach Hause geht, reservieren wir uns zwei Essplätzchen im Restaurant La Sarvaz und entscheiden uns für eine Velotour. Ihr dürft dreimal raten mit welchen Absichten. Ganz genau, es könnte ja sein, dass man an einem offenen Weinkeller vorbeiradelt und sich ganz zufällig ein paar Flaschen einheimischer, vergorener Traubensaft in den Anhänger verirren. Gell Arico, hast sicher nichts dagegen!
Wir fahren inmitten Rebhainen und Apfelplantagen am Schloss Saillon vorbei, eine Höhenburg mit Dorf, Kirche und Bergfried, die einst dem Bischof von Sitten, später dann den Savoyer gehörte. Der Weg hinauf ist gesperrt wegen Bauarbeiten, schade, denn da oben hätte man sicher eine grandiose Aussicht gehabt. So zweigen wir ab nach Süden und landen wenig später und eher zufällig auf dem Veloweg Nr. 1, der Rhone-Route. Und da wir ja auf der Weinpirsch sind, leisten wir der nächsten Veloweg-Gabelung nur zu gerne folge, dem Chemin du Vignoble Nr. 72, der uns sanft ansteigend und umsäumt von roten und weissen Trauben unserem Vorhaben näher bringt.
Das Dorf Chamoson scheint ein ruhiger Weinort zu sein, sehr ruhig. Etwas zu ruhig für einen sonnigen Samstag. Da! Ein Weinkeller! Geschlossen. Dort, der nächste! Auch geschlossen. Wir fragen einen Passanten, der lacht und sagt: “Samstag esch züe bi üsch Wiipüüra, gäll.”
Rückzug. Ohne Wein. Ein kleines Picknick auf dem Schulhausplatz, dann ziehen wir wieder westwärts. Die Gegend ist ein Traum, und bald stellen wir fest, dass das befestigte Städtchen auf der Anhöhe von Schloss Saillon doch zugänglich ist, nämlich von der anderen Seite her. Dann nichts wie hin!
Die Aussicht da oben ist eine Wucht. Man fühlt sich zurückversetzt ins Mittelalter, denn viele Häuser sind noch im damaligen Zustand. Der Dorfkern wurde sanft und Art gerecht renoviert, und die Beiz mitten im Dorf lädt zur Einkehr ein. So erfährt unsere Weinspezifische Leerfahrt doch noch ein Highlight, denn diesen Bergfried muss man einfach gesehen haben.









Der anschliessende Heimweg lässt uns ein weiteres Mal erfreuen. Im kleinen Ort Leytron taucht plötzlich der Espace Provins auf, ein Verkaufsladen der Provins Valais. Und, ja, der hat tatsächlich offen! Die freundliche Dame winkt schon mit den Gläsern, und so kommt es, dass es heute doch noch zum Weinerwerb kommt, denn ihr Kellerräumungs-Angebot, 18 Flaschen mit verschiedenen Walliser Trouvaillen zum Preis von 12 können wir nicht abschlagen, zu sehr munden uns die degustierten Weine. Das Tüpfelchen auf dem i ist schliesslich ihre Bereitschaft, uns den Wein nach Ladenschluss direkt zum Campingplatz zu bringen, denn sie wohnt dort in der Nähe. Es wäre unmöglich gewesen, die ganze Fuhre in Aricos kleinen Anhänger zu würgen. Das deutlich hörbare Poltern kommt eindeutig von Arico, ihm ist gerade ein Stein vom Herzen gefallen, dass er nicht auf drei Kisten Wein hocken und den Kopf einziehen muss.
Sanfter, lauer Sommerregen begleitet uns, als wir endlich aufbrechen und mit ähnlichem, traubigen Abgang in Mund und Kehle wie bei der letzten Welo… nein Vein… quatsch Velo-Wein-Tour, jetzt stimmts, Zwirbel erreichen. Und tatsächlich, bald telefoniert es, der Wein ist da, schnell den Hänger geschnappt und zum Eingang. Merci beaucoup, Madamme, c’est très gentile! Bonne soireé et à la prochaine!
Essenszeit. Wir haben reserviert im La Sarvaz. Ausser Schnecken und Froschschenkel ist eigentlich alles geniessbar auf der kleinen, aber feinen Karte. Arico schläft im Zwirbel, ich geniesse die Eglifilet à la Grandpère und Susanne schlemmt Hirschschnitzel nach Art des Hauses. Morgen geht es definitiv nach Hause. Schön, dass ihr dabei wart, wir freuen uns auf ein nächstes Abenteuer! See you soon!




Ach, bevor ich es vergesse. Kaum zwei Wochen unrasiert, wird man schon mit irgendwelchen “Gleichgesinnten” verglichen, also so was!